In einen Vespamotor kann man viel Geld investieren. Besonders im High-End Bereich sind kaum Grenzen gesetzt, gerade wenn Leistung und Perfektion gefragt sind. So schlagen allein die Neuteile für ein Setup mit ca 20 PS schnell mit mindestens 1000 Euro zu buche.
Doch das muss nicht sein.
Wer die Saison nicht mit Sparen, sondern mit Fahren verbringen will und zudem nicht den Anspruch eines perfekt leistungsoptimierten Motors hat, ist hier richtig.
Es gilt: nimm an Teilen das, was Du günstig bekommen kannst!


Zündung:
Eine Kontaktzündung reicht für den Anfang völlig aus. Sie ist besser als ihr Ruf. Einige behaupten sogar, dass sie solider als die elektronischen Zündungen sei. Größter Vorteil einer elektronischen Zündung ist die höhere Lichtausbeute und die Drehzahlresistenz. Kontaktzündungen neigen hingegen dazu, bei Drehzahlen über 7000 u/min unpräszise zu zünden. Aber für ein low-budget Motor reicht das allemal und auch mit der Lichtausbeute lässt sich mit durch ein paar Tricks leben.
Funktionsfähige, gebrauchte Kontaktzündungen finden sich öfters schon für etwa 30€.

Günstige Instandsetzung einer Kontaktzündung:
Wenn die Kabel hinüber sind, muss man sie natürlich tauschen. Aber das ist kein Hexenwerk und geht schnell und einfach mit einem Lötkolben.
Die Spulen lassen sich mit einem gewöhnlichen Multimeter durchmessen und sollten einen Widerstand anzeigen. Haben sie weder Widerstand noch Durchgang, sind sie defekt. Das kommt aber sehr selten vor!
Der Kondensator wird oft vorbeugend ausgetauscht. Das ist nicht nötig. Meistens hält er recht lange. Ausserdem kosten sie einige Euro. Wenn er doch einmal getauscht werden soll oder muss, tut es auch ein einfacher Dünnschichtkondensator / Folienkondensator mit 0,22 uF, der für wenige Cent bei Conrad oder dem netten Elektrodealer um die Ecke erhältlich ist. Die Bauform ist anders, aber mit Lötkolben und Isolierband ist das kein Problem. Man kann es sich bei aussenliegender Zündspule sogar ganz einfach machen: das gelbe Kabel vom originalen Kondensator auf der Zündgrundplatte wird durchtrennt, gekürzt und isoliert. Es erfüllt keinen Zweck mehr. Dann wird an die aussenliegende Zündspule (oder am Kabelkästchen) der Dünnschichtkondensator zwischen parallel zwischen das stromführende Kabel aus der Lichtmaschine und Masse. Masse kann an der Befestigung der aussenliegenden Zündspule sein, im Kabelkästchen, an einer Schraube der Polradabdeckung oder sonst wo.
 
Der Zündkontakt ist selten so defekt dass er getauscht werden muss. Fast immer reicht es, ihn mit 400er (o.ä.) Schleifpapier von Oxid zu befreien und gegebenenfalls den Kontakt auf 0,4mm nachzustellen.  Dosierter Einsatz von Kontaktspray enfernt Oxid zeitweilig.


Vergaser:
Günstig zu bekommen sind die kleinen Dellorto Vergaser. Dass ein 16er Vergaser nicht auf einem großen Zylinder funktionieren würde, ist ein hartnäckiges Ammenmärchen. Natürlich bringt ein größerer Vergaser mehr Leistung, aber auch mehr Verbrauch und Verschleiß mit sich.
Hier gilt: nimm was du gerade hast oder günstig bekommen kannst!
Gut geeignet sind auch die billigen Mikuni und Co - Nachbauten. Die gibt es schon für 30 - 40 Euro in Neu auf ebay mit einer Größe von 24 - 28mm, was durchaus schon beachtlich ist.
Sie funktionieren auch mit kleineren Ansaugstutzen, wie zb einem 19er Stutzen. Allerdings muss dann der Anschluss mit einem Conversiongummi oder zusätzlichen Gummiringen und Schellen improvisiert werden. Das funktioniert aber erstaunlich gut, genau wie beispielsweise ein 30er Dellorto auf einem 24er Stutzen. besonders praktisch und günstig sind kleine Abschnitte von Kühlerschläuchen in der passenden Größe.


Getriebe:
Begehrt und dem entsprenden teuer sind die 4-Gang Getriebe. Dementsprechend günstig sind die 3-Gang Getriebe. Diese kann man meist für unter 30 Euro ergattern.
Der Gangsprung vom 2. in den 3. Gang ist recht lang, aber zum cruisen reichts!
Ausserdem lässt sich die Schaltung bei 3-Gang Getrieben leichter einstellen und fast idiotensicher ohne Verschalten betätigen.
Empfehlenswert ist die Wahl einer etwas kürzeren Primär.


Primär:
Die Wahl der passenden Primär ist ein vieldiskutiertes Thema. Einerseits hängt sie vom persönlichen Geschmack ab, andererseits hauptsächlich von folgenden Faktoren:
 - Leistungsentfaltung des Motor
 - Gangzahl der Getriebes
 - Größe des Hinterrades (9 x 2,75 Zoll, 10 x 3.00 Zoll, 10 x 3,5 Zoll)
 - Gewicht udn Größe des Fahrers
 - Einzel- / 2-Mann-Betrieb
 - Einsatzzweck der Vespa: Kurzstrecke / Langstrecke
 - Geographische Faktoren: Flachland / Bergland

Ich persönlich bin großer Fan von langen Primärübersetzungen. Niedrige Drehzahlen verringern Verschleiß und Verbrauch.

 

Kupplung:

Günstig und funktional sind die normalen Zentralfederkupplungen. Die Dinger reichen mit 3 Scheiben und Polinifeder für bis zu 15 PS. Die 4-Scheiben Kits sind nach meiner Meinung nicht so brauchbar. Die einzelnen Scheiben sind dünner, wodurch sie schneller verschleißen und sich bei starker Belastung thermisch verziehen. Zudem sind 4 dünne Scheiben trotzdem dicker als 3 dicke Scheiben. Oft trennen 4-Scheiben-Kupplungen mehr schlecht als recht, da das Kupplungspaker zu dick ist, die dünnen Zwischenscheiben sich verzogen haben und so der Ausrückweg nicht mehr ausreicht. Deshalb: keep it simple!


Zylinder Kurzhub:
Der beste Kurzhubzylinder ist der Polini 102. Er ist drehmomentstark, drehzahlstark, haltbar und im gebrauchten Zustand sogar recht günstig. Für ca 50 Euro gibts des Öfteren brauchbare Zylindersätze incl Kopf, Kolben und Kolbenbolzen. Warum genau der? Nun, die kleinen 75er und 85er Zylinder sind gebraucht nicht billiger und haben den Nachteil, dass man sie recht kurz übersetzen muss, wodurch sie stark an Lautstärke, Drehzahl, Verschleiß und Verbrauch sind. Es ist viel sinnvoller, einen großvolumigen Zylinder bei gleicher Geschwindigkeit mit niedriger Drehzahl zu bewegen, als einen kleinen Zylinder mit hoher Drehzahl. Die 112ccm Zylinder von Mallossi und Polini sind noch etwas leistungsstärker als die 102er, besitzen aber den Ruf, thermische Probleme zu haben. Deswegen ist die 102ccm Klasse die beste Wahl. Sollte kein Polini zur Hand sein, tut es auch der schwächere DR oder der meist teure Mallossi. Olympia und RMS bekommt man meist auch recht preiswert. Sie sind mit dem DR vergleichbar. Der neue RMS "Blue Line" besticht durch seinen günstigen Preis. Highlight ist der Pinasco 102 aus Aluminium. Doch der ist meist sehr teuer.

Zylinder Langhub:
Hier gilt im Prinzip das Gleiche wie bei den Kurzhubzylindern. Leistungsstark, haltbar und erschwinglich ist der Polini 133. Der DR 133 ist in Leistung und Qualität unterlegen. Originale 125er Zylinder gelten als schlapp. Aber auch sie funktionieren, keine Frage.

 

 

Zylinder allgemein:

Ich kaufe gerne Graugusszylinder, die schonmal einen Klemmer hatten. Und fast alle geklemmten Graugusszylinder kann man mit ein wenig Zeit und Schleifpapier wieder fahrbar machen. Für Minderleistungsmotoren stellt das die günstigste Lösung dar.


Auspuff:
Königsklasse sind hier die Resonanzauspüffe a la PM40, Franz, VSP Road, LTH Road und viele mehr.
Doch es ist äußerst unwahrscheinlich einen solchen Auspuff, auch in stark gebrauchten Zustand, unter 200 Euro zu ergattern. 150-Euro-Schnapper sind die Ausnahme.
Deshalb müssen wir uns mit günstigen Anlagen begnügen.
Der Originalauspuff bringt leider wenig. Funktionieren tut er, keine Frage. Er ist unauffällig und leise, erzeugt einigermaßen Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen, dreht aber kaum bis 6000 u/min.
Nächst besserer Auspuff ist die Piaggio Banane und ihre etlichen Klone. Sie bringt mehr Drehmoment und erlaubt dem Motor weiter auszudrehen. Originale Piaggio Bananen sind aber mit ca 100 Euro incl Krümmer sehr teuer. Nachbauten taugen meist nicht viel, sind passungenau, dünnwandig und laut.
Leistungsstärker als die Piaggio Banane, sind die Birnen von Polini, Leovince, Proma und vielen andren Herstellern. Die Righthand-Versionen sind ähnlich leistungsstark.
Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis wird aber eindeutig der Proma Birne nachgesagt. Es ist ein klassischer Prallblechauspuff, nicht unbedingt der Leiseste, erziehlt aber in allen Drehzahlbereichen gute Leistungen. Gebraucht kann man ihn öfters für ca 30 Euro finden. Selbst die Polini Birnen sind meist teurer, zwar etwas leiser, bringen aber dafür auch nicht ganz so viel Dampf. Die Leovince Birne ist laut, drehzahllastig und zudem nicht so häufig gebaut wie die Proma Birne.
Simonini D&F und Zirri Silent (Version 1) sind beide enorm laut, bringen aber unwesentlich mehr Leistung als die Proma Birne. Zudem sind sie teurer und optisch sowie akkustisch auffälliger.


Vorgeschlagenes  Kurzhubsetup (unauffällig):
 - Zylinder: Polini 102
 - Vergaser: 16.10 Dellorto / 16.16 Dellorto (oder Zwischengröße)
 - Auspuff: Original / Sito / Sito + / Banane
 - Primär: 3.00 oder 2.86


Vorgeschlagenes  Kurzhubsetup (leistungsstärker):
 - Zylinder: Polini 102
 - Vergaser: 16.16 Dellorto oder 19.19 Dellorto
 - Auspuff: Proma Birne / Polini Birne / Banane
 - Primär: 3.00 oder 2.86


Vorgeschlagenes  Langhubsetup (sehr günstig und unauffällig):
 - Zylinder: 125 - 133 ccm, was sich gerade günstig gebraucht findet
 - Vergaser: 16.16 Dellorto

 - Originalauspuff

 - Primär: 2.54

 

Vorgeschlagenes  Langhubsetup für V50 (günstig, auffällig):
 - Zylinder: Polini 133
 - Vergaser: 24 mm - 30 mm Dellorto

 - Proma Birne

 - Primär: 2.54, besser ist die geradverzahnte 2.56er

 - 19er Primaverakurbelwelle

 - Kontaktzündung (am besten abgedreht)

 - 3 Gang Getriebe

 


Einstellung des Motors:
Da Du lange Zeit Freude an deinem Motor haben willst, empfiehlt es sich, ihn nicht auf das Maximum einzustellen.
Das betrifft die Zündung und den Vergaser. Lieber die Zündung 1-2° später einstellen und den Vergaser ein wenig fetter bedüsen. So hält auch ein aus vermeintlich unbrauchbaren Einzelteilen wild zusammengebastelter Motoren probemlos lange.